Stehende Wellen in Deutschland: Finde deinen Homespot!
Landlocked? Oder eher: home-locked? Kein Grund zum Verzweifeln, denn auch Deutschland hat einiges an Wellen zu bieten, wenn auch in einem kleineren Rahmen als der Ozean.
In den letzten Jahren hat sich durch zahlreiche Projekte von In- und Outdoorwellen eine solide Szene im Surfen unserer „local spots“ entwickelt, sodass ein Surftrip quer durch Europa gegen den akuten Wellenentzug oft gar nicht mehr nötig ist. Egal, ob dir nach Outdoor-Sport im Münchner Eisbach oder nach einer Indoor-Surfsession im Winter ist, diese Wellen haben das Potenzial, dein neuer Homespot zu werden!
Der größte Unterschied zum Meer
Einige Eigenheiten musst du beim Surfen einer stehenden Welle allerdings bedenken. Der größte Unterschied zum Surfen im Meer: Die Strömung geht in die andere Richtung, die Kraft der Welle kommt dir entgegen. Selbst wenn du dich auf Ozeanwellen sicher fühlst, startest du also beim Surfen von stehenden Wellen wieder fast bei null, da du lernen musst, dein Gleichgewicht eher nach hinten zu verlagern und dem Druck standzuhalten.
Das Gute daran: Kein weites Paddle-Out, kein endloses Take-off-Üben! Du steigst seitlich vom Beckenrand oder Flussrand aus auf dein Board. Sobald du dabei den Dreh raushast (was im Schnitt nach ungefähr zwei Lessons auf der stehenden Welle passiert), kannst du schon üben, auf der Welle hin und her zu fahren und die ersten Turns auszuprobieren. Außerdem bietet dir die stehende Welle konstante Bedingungen und deine Lernkurve ist viel steiler. Bei künstlichen Wellen kannst du sogar selbst über den Schwierigkeitsgrad bestimmen und dich ziemlich schnell verbessern!
Ein gewisses Brettgefühl ist beim Rapid Surfen, also dem Surfen auf einer künstlichen Welle, von Vorteil, doch die Wellen unterscheiden sich dennoch von denen, die du mit ins Salzwasser nimmst. Für stehende Wellen sind die Bretter deutlich kleiner. Bei künstlichen Wellen kannst du Bretter je nach Level direkt vor Ort leihen und dich beraten lassen.
Auch bei der Eisbach-Welle solltest du dich vorher über die richtige Brettwahl informieren, die meisten Flusssurfer starten mit einem robusten Softtop, das sowohl der Welle, als auch der Umgebung standhält und dich und andere schützt.
Outdoor Wellen
Stehende Wellen gibt es in der Natur einige, wenn du dir Flusswellen genauer ansiehst. Damit diese aber auch surfbar sind, müssen viele Faktoren zusammenspielen und häufig muss die Umgebung etwas angepasst werden, anderenfalls wird die Welle künstlich erzeugt.
Eisbach München
Der Münchner Eisbach ist die wahrscheinlich berühmteste Outdoor-Welle der Welt, um die sich mittlerweile eine große Surfszene gebildet hat. Tag und Nacht findest du Surfer ausgerüstet mit dickem Wetsuit, Haube und Booties auf der Flusswelle direkt unterhalb einer Fußgängerbrücke.
Auf der Brücke stehen meistens reihenweise Zuschauer und beobachten die Flusssurfer, die beeindruckende Turns auf dem dunkelgrünen Wasser hinlegen und nach dem Wipe-Out wieder aus dem Fluss klettern.
Nur geübte Surfer trauen sich hier ins Wasser, denn der Eisbach hat seine Tücken , wie zum Beispiel Störsteine und eine starke Strömung. Der Ein- und Ausstieg der Welle will gelernt sein! Wenn du mit dem Gedanken spielst, dich selbst am Eisbach auszuprobieren, gibt es etwas flussabwärts den kleinen Bruder der großen Eisbachwelle, wo der Einstieg etwas leichter gelingt und das Publikum nicht so groß ist. Nimm dir trotzdem einen erfahrenen Surfer mit, der dir die Umgebung und die Basics zeigt.
Alle Infos zur Münchener Eisbachwelle findest du hier.
Lakesurf Langenfeld
Die stehende Welle in Langenfeld ist zwar künstlich erzeugt, aber keineswegs unnatürlich. Die Konstruktion für die Welle schwimmt mitten auf einem See und ist seit 2018 von März bis Oktober geöffnet.
Wasserpumpen bringen das Seewasser in Bewegung und dadurch, dass bewegtes Wasser auf stehendes Wasser trifft, ergibt sich ein Gefälle, woraus sich wiederum die Welle formt. Das Ganze kann natürlich auch nach Schwierigkeitsgrad angepasst werden.
Du kannst Surflessons à 60 Minuten für verschiedene Surflevel buchen, die Brettmiete ist jeweils mit inbegriffen. Zu Beginn gibt es eine kurze Theorieeinheit, danach kann sich jeder der maximal 10 Surfschüler an der Welle ausprobieren. Alle Infos findest du hier.
Nürnberger Dauerwelle ab 2021
Die Idee in Nürnberg entstand bereits 2011, das Plangenehmigungsverfahren für den Neubau am Standort Fuchsloch in Nürnberg ist seit 2017 abgeschlossen und genehmigt. Die ersten Surfer werden hier im Mai 2021 ihre ersten Wellen reiten. Der Wellenkanal besitzt eine Länge von 61 Metern und einer surfbaren Breite von ca. 8 Metern. Ein hydraulisch betriebener Wehrtisch sorgt für eine stehende Welle passend zum vorliegenden Wasserstand. Weitere Informationen findest du auf der Seite des Vereins Nürnberger Dauerwelle.
Indoor Wellen
Projekte für Indoor-Wellen haben sich in den letzten Jahren stark verbreitet und sind immer noch total im Trend. Kein Wunder, denn du kannst das ganze Jahr über ganz nach deinen Bedingungen Surfen gehen!
Rapid Surf DM im WELLENWERK BERLIN
Das Wellenwerk Berlin ist die größte und leistungsstärkste stehende Welle in Deutschland, noch dazu fand hier im September 2020 die Rapid Surf DM statt - geballte Surfpower also!
Mit einer Breite von 8,50m ist die CityWave enorm druckvoll, sogar Pros sind hier am shredden und nutzen den deutschen Winter, um sich auf die neue Saison vorzubereiten. Surfkurse sind hier natürlich auch für Anfänger und Intermediates buchbar, noch dazu gibt es Pro-Sessions für sehr erfahrene Surfer, um Manöver ganz gezielt zu verbessern. Eine Session im Wasser dauert 60 Minuten und beinhaltet Theorie und Leihmaterial. Deinen Slot solltest du auf jeden Fall im Voraus buchen und Badesachen mitbringen. Alle Infos findest du hier.
Die zweite Rapid Surf DM, also die Deutsche Meisterschaft im Surfen von künstlichen Wellen, fand am 19. & 20. September in Berlin im Wellenwerk statt. Die Jury bestand aus Judges des DWVs, die die Scores der Starterklassen Open Women, Open Men, Masterinnen, Master, Juniorinnen und Junioren bewerteten. Zahlreiche Sponsoren kümmerten sich außerdem um die Ausstattung und das Rahmenprogramm der Indoor-DM, während die Pros der Rapid-Szene spektakuläre Manöver hinlegten. Den Titel als Deutsche Meisterin im Rapid-Surfen räumte Janina Zeitler am Finaltag ab, Deutscher Meister wurde Nicolas Marusa, dessen Welle sogar mit 10/10 Punkten bewertet wurde. Videos und weitere Eindrücke zum Event findest du unter dem Hashtag #RapidSurfDM2020.
Weitere Indoor-Wellen:
Die Spots liegen alle nicht in deiner Nähe? Dann check’ am besten noch die CityWave Hasewelle in Osnabrück und die Jochen Schweizer Arena in München. Bei akuter Wellennot lohnt sich ein Trip auf jeden Fall!
Das Surfen auf einer stehenden Welle ist zwar nicht mit einer frischen Meeresbrise zu vergleichen, ist aber perfekt, um sich in landlocked Zeiten fit zu halten und im Bewegungsablauf zu bleiben oder erste Surferfahrungen zu sammeln. Auch um an bestimmten Manövern zu feilen, wofür sonst nicht genug Zeit auf der Ozeanwelle ist, sind stehende Wellen prima geeignet. Ein echtes Upgrade für die deutsche Surfszene also – give it a try!